Beschreibung des Denkmals

VEABVolkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb 

 

Aufkaufstellen für die Erzeugnisse von Privatpersonen, zumeist Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, aber auch tierische Produkte, wie Eier , Geflügel, Getreide, Speisehülsenfrüchte und Ölsaaten…

 

 

Beschreibung des Schutzumfangs

 

Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum im Verwaltungszentrum Wünsdorf, Teilbereich A, Wünsdorfer Platz 4-5, 15806 Zossen (OT Wünsdorf)

 

Beurteilung des Denkmals

 

Getreidespeicher Zehnebecker Straße

 

Flur 3, Flurstücke: 23/1; 21/2;

Flur 4, Flurstück: 207;

Flur 6, Flurstücke: 7; 23; 27

17291 Gramzow Landkreis Uckermark

 

Wünsdorf, 18.07.2008

 

gez. Dr. Matthias Baxmann

 

 

Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfanges:

 

 

Lage und Beschreibung:

 

Nordöstlich der Ortslage Gramzow, an der Kreuzung Zehnebecker Straße/ Bahnhofstraße, westlich der Bundesstrasse 166 gelegen.

 

 

Der 1953/54 erbaute  Getreide-und Rapsspeicher ist als typisches Zellensilo - die einzelnen Hochsilos sind etwa 20 m hohe Bauwerke - ausgeführt. Die Speicherzellen sind in einen sechsachsigen Baukörper auf rechteckigem Grundriss eingebaut. Er ist etwa 25 Meter hoch und in Gleitbetonbauweise errichtet. Auf das Zellensilo ist ein Verteilboden (Betonskelettbau mit Ziegelausfachung) zur horizontalen Förderung  aufgesetzt, der durch querrechteckige Fenster (in zwei Ebenen abgetreppt) beleuchtet wird. Die Außenwände des Bodens, der durch ein überkragendes Flachdach abgeschlossen wird, sind genau wie das Erdgeschoss des Silogebäudes zwischen den Betonstützen ziegelsichtig.

 

Auf der Ostseite sind die querliegenden Fenster aus Sicherheitsgründen zugemauert.

 

Auf der Westseite befindet sich  die Laderampe  für die Bahnverladung mit drei Holzschiebetüren. Das davor liegende Lade- und Stichgleis - es stellt die Verbindung zu dem südlich der Zehnebecker Straße liegenden Bahnhof her- gehört ebenfalls zum Schutzumfang.

 

Das etwa 30 Meter hohe, dem Speichergebäude querrechteckig vorangestellte, mit ihm baulich verbundene Erschließungsgebäude (das Silogebäude schließt im Norden an, wodurch der Gesamtkomplex eine optisch angedeutete T-Form bekommt, die Höhnunterschiede zwischen den beiden Baukörpern bilden ein L) ist ein hochaufragender Betonskelettbau mit Ziegelausfachung und beherbergt die Mahl-, Förder-, Verteil- und Entstaubungstechnik sowie entsprechende Funktions- und Sozialräume. Der vierachsige Erschließungs- und Funktionsbau ist elfgeschossig und zwischen den Betonstützen ziegelsichtig.

 

Abgeschlossen wird er durch ein Flachdach.

 

An der vierachsigen Giebelseite werden die Geschosse durch in den beiden Mittelachsee querlegende Fenster belichtet. Die horizontal ausgerichteten Fenster, wir finden sie auch an den schmaleren einachsigen Traufseiten, bilden ein bewusstes architektonisches Gestaltungselement zu der hochaufragenden vertikalen Gliederung des Gebäudes. lm Erdgeschoss des Erschließungsbaus finden wir zwei Holztüren mit darüber liegenden querrechteckigen Fenstern. Das gesamte Erdgeschoss wird im Osten, Süden und im Westen von einem weitauskrängendem Betonschleppdach abgeschlossen, dass an der Westseite des Gebäudes als Überdachung der Laderampe weiter gezogen ist. Erschlossen wird das Gebäude durch eine bauzeitliche Betontreppe mit Holzgeländer.

 

Neben dem Gebäudekomplex und dem Ladegleis gehört die noch fast vollständig erhaltene Technik zum Schutzumfang. Dazu gehören der Aufzug, Entstaubungsanlage, die mechanische (Gurt- und Becherwerkelevatoren, Horizontaltrogkettenförderer) und pneumatischen Förder- und Verteilanlage sowie die elektrische Schalt- und Verteilanlage und Teile der Druckkesselanlage und Mahlvorrichtungen für Futterschrot.

 

Bedeutung:

 

Seit dem Beginn einer auf Überschüsse ausgerichteten Landwirtschaft waren in der Geschichte Speicher (lat.: spicarium Getreidespeicher, aus spica Ähre) für Getreide und weitere landwirtschaftliche Produkte unverzichtbar.

 

Sie wurden je nach Zusammenhang auch Lager, Ablage, Puffer, Vorrat oder Reserve genannt. Seitdem haben sich entsprechende Gebäude in verschiedenen Bauformen entsprechend ihren konkreten Funktionen entwickelt.

 

Der Speicher in Gramzow hat neben seiner wirtschafts- und technikgeschichtlichen vor allem eine bau- und architekturgeschichtliche Bedeutung.

Die architektonisch bewusste Inszenierung der Übereinstimmung von Form und Funktion verweist auf den außerordentlichen Gestaltungsanspruch seiner, der Moderne verpflichteten Erbauer. Zuletzt gehörte die Anlage zum VEB Getreidewirtschaft Pasewalk, Betriebsteil Prenzlau.

 

Die signifikante Ortsbildung des Speichers und seine Landmarkenfunktion bestimmen seine städtebauliche Bedeutung. Vor allem hat der Speicher aber wirtschafts- und technik- sowie sozialgeschichtliche Bedeutung.

 

Mit seinem Bau wurde ein Projekt der frühen 1930er Jahre verwirklicht, als man mit dem Bau eines solchen Speichers, eine zentrale Sammel-, Lager- und Verteilstelle für die umliegenden, großflächig produzierenden Getreideerzeuger im Rahmen des Vierjahresplanes zur Kriegsvorbereitung bauen wollte. Von dort sollte das Getreide mit der Bahn zum Verbraucher bzw. den Industriemühlen transportiert werden. Der Beauftragte für den Vierjahrplan hatte u. a. verfügt, das zum Zwecke der einwandfreien

Unterbringung anfallender Getreidevorräte ein Programm für den Bau von Getreidelagerräumen unter Einschaltung der Reichsstelle Wirtschaftsaufbau als besonders vordringliche Aufgabe angesehen wird.

 

Damit wollte man dem Trauma der Lebensmittelnot aus den Jahren des Ersten Weltkriegs entgegenwirken. Warum das Projekt in Gramzow letztlich nicht umgesetzt wurde ist unbekannt.

 

Von Anfang an hatte dann in der DDR der Bau des Speichers als „Stützpunkt Arbeiterklasse“ auf dem Land auch eine politische Funktion.

 

Mit seiner hochaufragenden Architektur sollte er weithin als Symbol von der “neuen Zeit“ kündigen und damit auf die kommende Industrialisierung der Landwirtschaft in sich bereits zur Erbauungszeit abzeichnenden

sozialistischen Kollektivierungskontext hinweisen. Neben den Maschinen –und Traktorenstation (MAS) waren solche zentralen Einrichtungen wie der Großspeicher in Gramzow in der DDR nicht selten bis Anfang der 1960er Jahre, der Nukleus für eine spätere Kollektivierungskampagne.

 

Neben der anfänglichen politischen-ideologischen Funktion solcher Großanlagen in der Zeit der Kollektivierung bis Anfang der 1960er Jahre waren solche Anlagen für eine für eine industrialisierte Landwirtschaft, wie sie auch in der Uckermark bereits seit Ende des 19.Jahrhundert sukzessiv entwickelte, grundsätzlich unverzichtbar.

 

Der Speicher in Gramzow erfüllte mit seiner modernen technischen Ausstattung diese Funktion von Anfang an und war damit auch ein Symbol für moderne Technik in der Landwirtschaft. Getreide in großen  Mengen zu lagern, erfordert einen enormen technischen Aufwand.

 

Die an die Ausführung und maschinelle Ausrüstung solcher Speicher gestellten Anforderungen sind sehr komplex: Beschicken, Entleeren, Vorreinigen, Trocknung, Schutz gegen Schädlingsbefall (Begasung etc.) und Feuchtigkeit etc.

 

Die verschiedenen Einrichtungen müssen im Baukörper zusammen gefasst werden, aber gleichzeitig unabhängig voneinander arbeiten, so dass mehrere Arbeitsgänge wie Einlagern, Auslagern, Umlaufen, Trocknen, Begasen usw. gleichzeitig durchgeführt werden können. Der Speicher in Gramzow erfüllte dies und war verfahrenstechnisch nach dem so genannten First-in-first-out-Verfahren (FIFO) konzipiert.

 

Solche Speicher werden grundsätzlich von oben befüllt und von unten wird entnommen, d. h. wir haben es mit einer Technologie der Speicherung zu tun, bei der diejenigen Elemente, die zuerst gespeichert wurden, auch zuerst wieder aus dem Speicher entnommen werden. Das gegenteilige Prinzip wird als Last In - First Out Verfahren (LIFO) bezeichnet. Je nach Material genügt zur Entnahme ein Schieber oder, falls die Schwerkraft nicht ausreicht um das Material zum Fließen zu bringen, kommen mechanische Fördereinrichtungen zum Einsatz.

 

Text:Matthias Baxmann, 18.07.2008